Heuschrecken im Kreis Unna


Erstnachweis der Südlichen Eichenschrecke (Meconema meridionale) im Kreis Unna

Südliche Eichenschrecke
Südliche Eichenschrecke

Am 25. September 2005 gelang Sebastian Sczepanski mitten im Stadtgebiet von Kamen der erste Nachweis der Südlichen Eichenschrecke im Kreisgebiet. Erstmals 1958 in süddeutschen Raum gefunden, breitet sich diese südliche Heuschreckenart seit Jahren in ganz Westdeutschland aus. Der erste Nachweis in NRW gelang 1991 in Ratingen. Seitdem konnten zahlreiche Funde entlang des Rheins und 2002 erstmals im westlichen und mittleren Ruhrgebiet gemacht werden. Die aktuellen Nachweise in Kamen stellen die nordöstlichsten Funde in NRW dar.
Genau wie die nah verwandte Gemeine Eichenschrecke (Meconema thalassinum) ist auch die Südliche Eichenschrecke nachtaktiv und besiedelt bevorzugt verschiedene Baum- und Straucharten. Bei den meisten nordrhein-westfälischen Funden handelt es sich um Fundorte auf Bäumen, die von Sträuchern umgeben sind, wie es meist bei Straßenbegleitgrün oder bei Anpflanzungen an Gebäuden der Fall ist, so dass günstige Habitate für die Südliche Eichenschrecke im Ruhrgebiet nicht allzu selten sind. In Kamen konnte die Art bereits im Bereich einer Parkanlage auf zahlreichen Bäumen nachgewiesen werden.

Gemeine Eichenschrecke
Gemeine Eichenschrecke

Um die Südliche und die Gemeine Eichenschrecke nachweisen zu können, muss man lediglich bei Dunkelheit Baumstämme und Sträucher im Siedlungsbereich ableuchten und nach eiablegenden Weibchen absuchen. Besonders günstig für die Kartierung sind milde Nächte mit hoher Luftfeuchte von August bis Oktober, am besten nach einem kurzen Regen.
Im Vergleich zur Gemeinen Eichenschrecke besitzt die Südliche Eichenschrecke lediglich kleine Flügelstummel, während erstgenannte Art durch gut ausgebildete Flügel gekennzeichnet ist.
Sebastian Sczepanski

Neue Funde der Südlichen Eichenschrecke im Kreis Unna

Nachdem ja bereits im September die Art in Kamen und damit erstmals für den Kreis Unna nachgewiesen wurde, gelangen nun weitere Nachweise der Art in Lünen, Unna und Holzwickede. Bei allen Fundorten handelte es sich um Baumgruppen auf großen Parkplätzen, die von der Art besiedelt wurden. Fehlende Nachweise aus den Stadtrandbezirken der erwähnten Städte lassen auf eine erst junge Besiedlung des Kreises Unna schliessen und legen Verschleppungen aus dem westlichen und mittleren Ruhrgebiet nahe. Weitere Vorkommen im Kreisgebiet und dem nahegelegen Stadtgebiet von Hamm sind daher zu vermuten. 


Heuschrecken

gehören zu den auffälligsten Insektenarten überhaupt. Fast jeder hat schon einmal auf einem Spaziergang oder einer Wanderung das „zirpen“ von Grashüpfern und Grillen vernommen. Doch viele Menschen wissen kaum etwas über diese doch so interessante Tiergruppe, da ein Großteil unserer Arten sich durch ihre versteckte Lebensweise schlecht beobachten lassen.
Einige Arten leben in Gehölzen, die meisten jedoch auf offenen Flächen, wie auf Wiesen, Trockenrasen und deren angrenzenden Saumstrukturen. In diesen Bereichen können sowohl nasse, als auch extrem trockene Stellen von ihren spezifischen Arten besiedelt werden.
Da aber gerade in den letzten 150 Jahren ein starker Landschaftswandel stattgefunden hat, in dem viele natürliche Lebensräume vernichtet wurden, befinden sich mittlerweile viele unserer heimischen Heuschreckenarten auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten.
Doch gerade Heuschrecken können aufgrund ihrer guten Erfassbarkeit und den meist sehr spezifischen Ansprüchen an ihre Lebensräume sehr genaue Informationen über deren Zustand liefern und können so sehr gut als Indikatoren für extensiv genutze Gebiete dienen.
Im Kreis Unna gehören die Heuschrecken zur Zeit noch zu den eher unterkartierten Tiergruppen. Bis vor wenigen Jahren lagen lediglich Zufallsfunde durch G. H. Loos, Kamen-Methler und diverse Angaben aus Gutachten vor.
Im Jahre 2000 wurde von Sebastian Sczepanski begonnen intensiv und gezielt die Heuschrecken im Kreisgebiet kartiert. Die bisherigen Funde sind so auch in die landesweite Rasterkartierung des Arbeitskreis Heuschrecken NRW mit eingeflossen.
Bislang sind im Kreis Unna 25 verschiedene Heuschreckenarten gefunden worden.

Arteninventar:

Gemeine Sichelschrecke
Gemeine Sichelschrecke

1. Gemeine Sichelschrecke (Phaneroptera falcata)
Bemerkung: Diese wärmeliebende Art befindet sich zur Zeit in NRW stark in der Ausbreitung. Das einzige Vorkommen befindet sich im NSG „Holzplatz“ und ist seit dem Jahre 2000 bekannt. Weitere Fundorte im Kreis Unna sind zu erwarten (z.B. Halde Großes Holz in Bergkamen).

2. Gestreifte Zartschrecke (Leptophyes albovittata)
Bemerkung: Das einzige Vorkommen dieser Art in ganz NRW befindet sich im Bereich des NSG „Holzplatz“ und den angrenzenden Freiflächen.

3. Punktierte Zartschrecke (Leptophyes punctatissima)

4. Gemeine Eichenschrecke (Meconema thalassinum)
Bemerkung: Verirrt sich im Spätsommer oftmals in Wohnungen. Da auch ein Vorkommen der ähnlichen Südlichen Eichenschrecke (Meconema meridionale) im Kreis Unna möglich erscheint, sollten alle Exemplare ohne deutlich ausgebildete Flügel überprüft werden.

5. Kurzflügelige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis)

6. Langflügelige Schwertschrecke (Conocephalus fuscus)
Bemerkung: In den letzten Jahren verstärkt ins Kreisgebiet eingewandert. Vorkommen sind bislang bekannt aus Selm (Funne-Ufer), Lünen (NSG „Zwiebelfeld“, NSG „Schleuse Horst“), Berkamen (NSG „In den Kämpen“, Königslandwehr), Bönen (NSG „Sandbachtal“), Unna (Massener Bach) und Schwerte (NSG „In der Lake“). Im nahegelegen NSG Eckernkamp/Im Brauck in Hamm-Sandbochum bereits massenhaft zu finden. 

7. Zwitscher-Heupferd (Tettigonia cantans)
Bemerkung: Beständige Vorkommen sind bislang nur aus dem Grenzraum Dortmund/Holzwickede bekannt. Darüber hinaus sind auch schon einzelne Tiere entlang der Lippe und der Ruhr gefunden worden.

8. Grünes Heupferd (Tettigonia viridissima)

9. Roesel´s Beißschrecke (Metrioptera roeselii)

10. Gewöhnliche Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera)

11. Heimchen (Acheta domesticus)

12. Waldgrille (Nemobius sylvestris)
Bemerkung: Bislang lediglich aus den Waldgebieten zwischen Bönen und der Kreisgrenze bei Hamm-Ostflierich, sowie bei Selm und im Kurler Busch an der Grenze Dortmund/Kamen nachgewiesen.

13. Säbeldornschrecke (Terix subulata)
Bemerkung: An vegetationsarmen Gewässerufern und auf Feuchtwiesen häufiger zu finden als bislang angenommen. Besonders zahlreich an den renaturierten Sesekezuflüssen zu finden, die in den ersten Jahren nach der Renaturierung nur einen sehr spärlichen Bewuchs aufweisen.

14. Langfühler-Dornschrecke (Tetrix tenuicornis)
Bemerkung: Lediglich im NSG „Holzplatz“ gefunden. Ein weiterer Nachweise ist allerdings auch aus dem Hammer Stadtgebiet bekannt. Weitere Vorkommen auf Brachen des Kreises sind möglich.

15. Gemeine Dornschrecke (Tetrix undulata)

16. Sumpfschrecke (Stethophyma grossum)
Bemerkung: Letztmalig 1999 aus dem Stadtgebiet von Bergkamen nachgewiesen. Ein grenznahes Vorkommen in Hamm konnte 2001 entdeckt werden. Kontrollen in den darauffolgenden Jahren verliefen allerdings negativ.

Blauflügelige Sandschrecke
Blauflügelige Sandschrecke

 

17. Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans)
Bemerkung: Erstmals im Kreis Unna am 13.07.2005 im NSG „Holzplatz“ bei Bönen durch Mitarbeiter der Biologischen Station im Kreis Unna nachgewiesen. Die Art breitet sich in den letzten Jahren verstärkt auf Brachflächen und Bahnanlagen des Ruhrgebietes aus.

18. Bunter Grashüpfer (Omocestus viridulus)

19. Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus)
Bemerkung: Ein großes Vorkommen ist aus dem NSG „Holzplatz“ bekannt und auch aus dem NSG „Netteberge“ in Selm liegen Beobachtungen aus dem Jahre 1999 vor.

20. Gefleckte Keulenschrecke (Myrmeleotettix maculatus)
Bemerkung: siehe unter „Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus)“!

21. Weißrandiger Grashüpfer (Chorthippus albomarginatus)
Bemerkung: Im NSG „Holzplatz“ im Jahre 2003 gefunden. Weitere nicht mehr lokalisierbare Vorkommen befinden sich anscheinend noch in der Lippeaue zwischen Lünen und Werne.

22. Sumpf-Grashüpfer (Chorthippus montanus)
Bemerkung: Bis 1999 letztmalig im NSG „Mühlenbruch“ in Bergkamen gefunden. Ältere Meldungen aus den Jahren 1990/1991 liegen aus dem NSG „Alter Ruhrgraben“ vor. Zur Zeit ist kein Vorkommen aus dem Kreisgebiet bekannt.

Gemeiner Grashüpfer
Gemeiner Grashüpfer

23. Gemeiner Grashüpfer (Chorthippus parallelus)
24. Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus)

25. Brauner Grashüpfer (Chorthippus brunneus)
Gemeldete Funde von Kleiner Heidegrashüpfer (Stenobothrus stigmaticus), Wiesen-Grashüpfer (Chorthippus dorsatus), Große Goldschrecke (Chrysochraon dispar) und Rotleibiger Grashüpfer (Omocestus haemorrhoidalis) stellen nach Überprüfung an den entsprechenden Lokalitäten vermutlich Fehlbestimmungen dar.

Wer Interesse an einer Mitarbeit an der kreisweiten Kartierung der Heuschrecken hat oder lediglich eigene Heuschreckenfunde mitteilen möchte wendet sich bitte an:

Sebastian Sczepanski, Oststr. 32, 59174 Kamen weiterführende Literatur:

 

Kühnapfel, K.-B. & G. H. Loos (1994): Die Gestreifte Zartschrecke (Leptophyes albovittata (KOLL.)) auf dem Holzplatz bei Bönen. Natur u. Heimat (Münster) 54 (1): 29-31.

 

Loos, G. H . (2001): Die Geradflügler des Kreises Unna – eine vorläufige Übersicht. Naturreport Bd. 5: 83-89.

 

Sczepanski , S. (2005): Die Heuschreckenfauna des NSG „Holzplatz“ bei Bönen (Kreis Unna) unter besonderer Berücksichtigung der Gestreiften Zartschrecke (Leptophyes albovittata Koll.) und der Gemeinen Sichelschrecke (Phaneroptera falcata Poda) (Insecta: Saltatoria). – Natur und Heimat 65 (3): 65-76.

 

Tranter, C. (1999): Naturschutzfachliche Effizienzkontrollen des Pflege- und Entwicklungsplanes Naturschutzgebiet „Holzplatz“ (Bönen, Kreis Unna) anhand vegetationskundlicher und ausgewählter faunistischer Untersuchungen. Diplomarbeit Fachhochschule Osnabrück, Fachb. Landschaftsarchitektur

 

Alle Bilder und Texte: Sebastian Sczepanski